All die verdammt perfekten Tage by Niven Jennifer
Autor:Niven, Jennifer [Niven, Jennifer]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Limes
veröffentlicht: 2015-12-14T05:00:00+00:00
VIOLET – Samstag
Als ich am nächsten Morgen nach unten komme, sitzt Theodore Finch mit meinen Eltern am Esstisch. Sein rotes Käppi hängt an der Stuhllehne, und er trinkt Orangensaft. Vor ihm steht ein leerer Teller. Seine Lippe ist gespalten, und auf seiner Wange erblüht ein Veilchen.
»Ohne Brille siehst du besser aus«, sagt er.
»Was machst du denn hier?« Ich starre ihn an.
»Ich frühstücke. Die wichtigste Mahlzeit des Tages ist das Frühstück. Aber der eigentliche Grund für mein Kommen ist, dass ich die Sache mit gestern klären wollte. Ich habe deinen Eltern gesagt, dass es meine Idee war und dass du eigentlich nicht schwänzen wolltest. Dass du mich vor Ärger bewahren wolltest und versucht hast, mich zu überreden, in die Schule zurückzugehen.« Finch nimmt sich noch Obst und eine Waffel.
Mein Dad sagt: »Und wir haben ein paar Grundregeln für euer Schulprojekt festgelegt.«
»Wir können also damit weitermachen?«
»Theodore und ich haben eine Übereinkunft getroffen, nicht wahr?« Dad legt eine Waffel auf einen Teller und reicht ihn mir.
»Ja, Sir«, sagt Finch und zwinkert mir zu.
Mein Dad fixiert ihn mit strengem Blick. »Eine Übereinkunft, die ernst zu nehmen ist.«
Finch räuspert sich. »Natürlich, Sir.«
Mom sagt: »Wir haben Finch klargemacht, dass wir unser Vertrauen in ihn setzen. Wir sind sehr dankbar dafür, dass du durch seine Hilfe wieder in ein Auto steigen kannst. Wir möchten, dass ihr euch amüsiert, in Maßen, versteht sich. Die Hauptsache ist, dass ihr auf euch aufpasst und in die Schule geht.«
»Okay.« Ich fühle mich wie in einem Traum. »Danke.«
Mein Vater wendet sich Finch zu. »Wir brauchen noch deine Telefonnummer und die Adresse, wo deine Eltern zu erreichen sind.«
»Kriegen Sie, Sir.«
»Ist dein Vater der Finch von Finch Storage?«
»Ja, Sir.«
»Ted Finch, der ehemalige Hockeyspieler?«
»Genau. Aber wir haben seit Jahren nicht mehr miteinander gesprochen. Er hat uns verlassen, als ich zehn war.«
Ich stiere ihn an. Meine Mom sagt: »Das tut mir sehr leid.«
»Ach, letzten Endes sind wir ohne ihn besser dran. Aber trotzdem danke.« Er schenkt meiner Mutter ein trauriges und verwundetes Lächeln, und anders als die Geschichte, die er ihr auftischt, ist das Lächeln echt. »Meine Mutter arbeitet bei Broome Real Estate und bei Bookmarks. Sie ist nicht oft zu Hause, aber wenn Sie einen Stift hätten, schreibe ich Ihnen die Telefonnummer auf.«
Ich bin diejenige, die ihm Stift und Zettel bringt und beides vor ihn hinlegt. Ich versuche, seinen Blick einzufangen, aber er beugt den dunklen Schopf über den Zettel und schreibt in Blockbuchstaben LINDA FINCH, den Festnetzanschluss zu Hause, von der Arbeit und ihr Mobiltelefon. Darunter setzt er Theodore Finch jr., gefolgt von seiner eigenen Mobiltelefonnummer. Die Buchstaben und Zahlen sind ordentlich und deutlich geschrieben, wie von einem Kind zu Papier gebracht, das sich eine gute Note erhofft. Als er meinem Vater den Zettel reicht, wäre ich ihm am liebsten in den Arm gefallen. Das ist wieder bloß eine Täuschung. Das ist nicht einmal seine echte Handschrift. Nichts an diesem Jungen ist ordentlich und deutlich.
Meine Mom lächelt meinen Dad an. Dieses Lächeln bedeutet: Es ist Zeit für nettes Geplauder. Wir haben alles Wichtige geklärt.
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